GF-Tagebuch #35
Es sind solche Meldungen, wie die im Tagesspiegel vom 29.8. diesen Jahres, die mir manchmal fast die Tränen in die Augen treiben: Durch das Schreien eines Kindes in einem am Straßenrand geparkten Auto werden Passanten auf einen VW-Golf aufmerksam und verständigen die Polizei. Die Beamten entdecken im Auto ein sieben Monate altes Baby, ein anderthalbjähriges Mädchen, einen vier Jahre alten Jungen. Und die Mutter der drei Kinder, 24 Jahre alt. Der 42-jährige Vater kommt später hinzu – er war Wasser besorgen. Offensichtlich lebte diese 5-köpfige Familie schon seit längerer Zeit in dem Auto. Es war vollkommen verdreckt und zugemüllt.
Ich lese diese Zeilen und bin fassungslos. Stelle mir meinen kleinen Enkel vor, die vielen Kinder, die mir so im beruflichen und / oder privaten Umfeld begegnen – und ich werde unendlich traurig. Was für ein Leid müssen diese kleinen Menschen durchmachen? Welche tiefen Verletzungen und Beschädigungen müssen ihre kleinen Seelen verkraften? Ich überlege, wie diese Kinder einschlafen, mit welchen Gedanken nd Gefühlen sie aufwachen. Wie sie auf andere Kinder schauen, die an ihrem Auto vorbeilaufen. Andere Kinder, die in richtigen Betten schlafen, in Kitas gehen, geliebt und versorgt werden. Das Jugendamt hat die drei Kinder in Obhut genommen und dem Kindernotdienst übergeben.
Mein nächster Gedanke gilt den Eltern. Was läuft in den Köpfen dieser Leute schief? Wie kann es sein, dass erwachsene Menschen in Kauf nehmen, mit ihren Kindern in solchen Verhältnissen zu leben. Wann haben diese Menschen mit ihrem Leben abgeschlossen? Wann haben diese Menschen aufgegeben an eine Zukunft für sich und vor allem für ihre Kinder zu glauben? Warum haben es diese Menschen offenbar nicht geschafft, nach Hilfe zu fragen, sich Rat und Unterstützung beim Jugendamt oder in irgendeiner Beratungsstelle zu holen. Bei aller Fehlerhaftigkeit unseres Sozialsystems: Wenn Du nicht mehr weiter weisst und am Boden liegst, findest Du in diesem Land IMMER einen Ansprechpartner. Erst recht, wenn Du Kinder hast. Wussten das diese Menschen nicht?
Und was ist mit dem „Hilfesystem“? Ist diese Familie schon vorher aufgefallen? Wusste irgendjemand von einer drohenden Obdachlosigkeit? Sind niemanden die Kinder aufgefallen, die ja auch irgendwann mal das Auto verlassen haben werden…..? Fühlte sich niemand für diese Familie verantwortlich? Fragen, die vielleicht im Verlauf der Aufklärung dieses Falles beantwortet werden. Ich hoffe es…..

